Stadtarchiv erhält Nachlass von Johann Strawe

Auf Initiative von Ralph Hühnermann hat Hans Strawe den Nachlass seines Großvaters Johann Strawe (1852 bis 1938) dem Archiv der Stadt Hennef überlassen. Johann Strawe war von 1901 bis 1914 Bahnhofsvorsteher in Hennef und war seit den 1890er Jahren die treibende Kraft der Entstehung und Festigung der Kneipp-Bewegung in Hennef. Darüber hinaus bot er Kranken heilende Dienste an und zog sich damit den Ärger der hiesigen Ärzteschaft zu. Der Nachlass besteht aus sieben Archivkartons mit Fotos, Briefen und Tagebuchaufzeichnungen.

Treibende Kraft der Kneipp-Bewegung

1894 hatte Johann Strawe Pfarrer Sebastian Kneipp persönlich getroffen und in den Jahren danach die Gründung von zahlreichen Kneipp-Vereinen im Siegkreis angeregt. Der Hennefer Kneipp-Verein wurde 1904 gegründet, 1910 dann, wieder auf Initiative von Johann Strawe, die Kurhausgenossenschaft "Kurhaus Seb. Kneipp zu Hennef-Geistingen", die die nötigen Mittel für den Bau eines Kurhauses akquirierte, das dann 1912 eröffnet werden konnte.

Verbannung aus Hennef

Viele Fakten über Johann Strawe waren bekannt, auch, dass er Anwendungen, Schriftwerke und Produkte zum Thema Naturheilverfahren in seinem Haus in der Bonner Straße anbot. Ralph Hühnermann förderte aber auch Unbekanntes zutage, als er begann, das Leben von Johann Strawe für einen Aufsatz für die "Beiträge zur Geschichte der Stadt Hennef" zu recherchieren. Vor allem, dass seine Leidenschaft für Naturheilverfahren die Ärzteschaft dazu veranlasste, ihn zum Rücktritt aus dem Vorstand der Kurhausgenossenschaft zu zwingen. Es kam noch schlimmer: Die Ärzte erreichten bei Strawes Arbeitgeber, der königlichen Eisenbahndirektion, dass er aus Hennef verbannt und an den kleinen Bahnhof Langenselbold in Hessen versetzt wurde. Darunter litt die Familie, Strawe wurde krank und ging vorzeitig in Pension.

Dokumente in Dachboden und Keller

Im Rahmen seiner Recherchen stieß Ralph Hühnermann auf den Enkel von Johann Strawe, Hans Strawe, der noch heute im 1912 erworbenen Haus seines Großvaters wohnt. Im Dachboden und Keller lagerten zahlreiche Briefe und Dokumente seiner Großeltern, die tiefe Einblicke in das Schicksal von Johann Strawe und seiner Familie geben. Da kaum jemand die alte Schrift lesen konnte, schlummerten sie in Bananenkisten auf dem Dachboden und im Keller von Hans Strawe, der sich bereit erklärte, den Nachlass seines Großvaters dem Stadtarchiv Hennef zu übergeben.

Jan Baucke, Leiter des Stadtarchivs, und seine Mitarbeiterin Astrid Junkersfeld werden zunächst alle Dokumente erfassen und verzeichnen. Für Jan Baucke ist die Übergabe des Nachlasses ein Glücksfall, da damit wieder ein Teil der Geschichte Hennefs, dargestellt von Johann Strawe und seiner Familie, dem Vergessen entrissen wird. Der Nachlass, inklusive Fotos zum Kurbetrieb und dem Gesundheitshaus Strawe, gibt nicht nur einen tieferen Einblick in das Leben des königlichen Eisenbahnbeamten Johann Strawe. Darüber hinaus lassen sich aus dem Nachlass weitere Aspekte der damaligen Lebensumstände erforschen. Neben der Bedeutung der wirtschaftlichen Krisen am Beginn des 20. Jahrhunderts, die die Eltern Strawe mit ihren neun Kindern bewältigen mussten, gibt der Nachlass beispielsweise auch Aufschluss über die Biografien von Mädchen, ihrer schulischen Bildung, Berufswahl und Heirat. Besonders das Leben der älteren Tochter Maria zeigt eindrucksvoll, wie die Eltern sich dafür einsetzten, dass ihre Tochter nach der Höheren Mädchenschule von Fräulein Kratz in Geistingen eine Ausbildung als Lehrerin erhielt, mit der sie – unabhängig von einem Mann als Ernährer – ihren Lebensunterhalt bestreiten konnte.

Rund 100 Feldpostkarten und Briefe der drei Söhne sowie Schwestern und Eltern aus dem 1. Weltkrieg lassen Leserinnen und Leser nachvollziehen, wie die Familie das Ereignis gemeinsam bewältigte, angefangen vom väterlichen Wunsch, dass die Söhne das Vaterland in Ehre verteidigen, bis zum Bangen um die gesunde Rückkehr der Söhne.

Jan Baucke, Hans Strawe und Ralph Hühnermann sind überzeugt, dass noch auf vielen Dachböden oder in Hennefer Kellern Familien- oder Firmennachlässe schlummern, die als Teil der Hennefer Stadtgeschichte nicht verloren gehen sollten. Wer solche Schätze besitzt, kann sich jederzeit beim Stadtarchivar melden: Jan Baucke, E-Mail: jan.baucke@hennef.de

, Telefon: 02242 888 540.

Mehr über Johann Strawe

Eine ausführliche Geschichte über das Leben Johanns Strawes bietet Ralph Hühnermann im nächsten Band der "Beiträge zur Geschichte der Stadt Hennef" des Verkehrs- und Verschönerungsvereins Hennef, der Ende November erscheint und natürlich auch im Stadtarchiv zu bekommen ist.

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